Zielgerichtet und sicher pitchen

Wahrscheinlich sind Sie auch so ein Spielertyp, der einfach nicht glauben kann, wie bedeutend die Schläge mit einer Distanz von 80 bis 20 Metern zur Fahne sind. PLOCK!-Pro Mark Mattheis erläutert Ihnen, wie Sie Ihre Pitches künftig erfolgreicher trainieren. Illustrationen: Justin von Keisenberg

Bevor wir in Sachen Pitches in die Tiefe gehen, erlauben Sie mir zwei Vorüberlegungen.

1. Primär sollten Sie als Golferin oder Golfer stets Ihre größten Schwächen trainieren. Auf diese stößt Sie Ihr PGA Professional, und/oder Sie führen persönliche Rundenanalysen durch.

2. In diesem Artikel gehe ich davon aus, dass ein Schüler vor mir steht, der alle Schläge etwa gleich gut beherrscht. Entsprechend lautet meine Empfehlung: »Richten Sie Ihr Training nach der Häufigkeit der im Spiel vorkommenden Schläge aus.« Halten Sie also statistisch fest, welche Schlagart Sie auf einer Golfrunde wie oft ausführen.

Sie werden sehen, dass die Schlagverteilung für Spieler in den Scoreklassen 70 bis 100 Schläge (pro Runde) im Mittelwert etwa so aussieht wie in dieser Tabelle:
Schlagart Prozent im Spiel Score 100 Score 90 Score 80 Score 70
Putten 40% 40 36 32 28
Nicht volle Schläge 19% 19 17,1 15,2 13,3
kurze Eisen 6% 6 5,4 4,8 4,2
mittlere Eisen 5% 5 4,5 4 3,5
lange Eisen 3% 3 2,7 2,4 2,1
Hölzer 27% 27 24,3 21,6 18,9
Aus der Tabelle ist klar ersichtlich: Es gibt drei zentrale Schlagarten, die im Training bevorzugt geübt werden sollten:

  • das Putten (40 Prozent)
  • die Hölzer (27 Prozent) und
  • die nicht vollen Schläge (19 Prozent)

Leider verwendet die überwiegende Anzahl der Spieler zu viel Trainingszeit aufs Üben voller Eisenschläge; addiert man kurze, mittlere und lange Eisen, kommt man auf nicht mehr als 14 Prozent - macht also lediglich Platz vier in der Prioritätenliste Ihrer Trainingseinheiten.
Eine kleiner Rat noch: Ich würde Ihnen nicht empfehlen, 40 Prozent Ihrer Zeit auf dem Puttinggrün zu verbringen. Mindestens neun Ihrer Putts auf der Runde werden Sie nämlich aus weniger als 50 Zentimetern Entfernung zum Loch spielen. Diese Schläge erfordern nicht viel Training, 20 bis 30 Prozent Ihrer Übungszeit reichen dafür aus.

Das Pitchen

Eigentlich sehen Pitchschläge ganz einfach aus. Ein typisches Beispiel: Der Ball liegt Mitte Fairway, es sind noch 40 Meter bis zur Fahne, und es ist kein Hindernis zu überwinden - sieht einfach aus, oder? Tatsächlich aber zittern viele Golfer vor diesen kleinen, kurzen Schlägen.

Denn die sehr guten Spieler wissen, dass sie den Ball eigentlich tot an die Fahne spielen müssten. Und die etwas schlechteren Spieler wissen, dass sie den Ball eigentlich mit Leichtigkeit aufs Grün bringen müssten. Trotzdem fühlen sich viele Spieler bei diesen Schlägen unsicher. Die Folge sind schlechte Resultate.

Woran das liegt?

Es fällt ungleich schwerer, einen Schlag nur halb oder drei viertel zu schlagen. Noch viel schwerer ist es, einen Ball etwas weniger als halb oder sogar mit noch geringerem Aufwand zu schlagen.

Woher das kommt?

Die Probleme sind das primär monotone Üben sowie eine falsche Schwerpunktsetzung im Training: Einige Spieler üben kurze Schläge, doch Sie variieren die Länge und die Art der Schläge zu wenig. Im längeren Eisenspiel ist Variation nicht so wichtig, da man fast immer versucht, einen vollen Schlag auszuführen; allenfalls schlägt man ein volles Eisen mal etwas fester oder etwas lockerer; verändert sich die Distanz zur Fahne um 10 bis 15 Meter, nehmen die Spieler fast immer einen anderen Schläger und können einen vollen Schlag ausführen. Bei kurzen Schlägen ist das deutlich anders.

Hier spielen die meisten Spieler Schläge zwischen 20 und 80 Metern mit maximal zwei Schlägern: dem Sandwedge und dem Pitchingwedge. Teilweise verwenden Sie
sogar nur einen Schläger. Deshalb ist im Training hier eine Variation bei Schlägern, Schlaglängen und Schlagarten unerlässlich.

Die Wege zum guten Pitch

Um ein guter Pitcher zu werden, ist Distanzkontrolle unerlässlich. Erst wenn Sie die Distanz kontrollieren können, haben Sie auch die Chance, ein guter Pitcher zu werden!

(1) Basistechnik: Der Weg zur Distanzkontrolle

Für den Einstieg langt es, wenn Sie mit zwei Schlägern (dem Pitchingwedge und dem Sandwedge) trainieren.

Stellen Sie sich an eine Übungswiese, auf der Sie mit Ihren eigenen Golfbällen trainieren können. Sie sollten bis zu 100 Meter Platz haben. Mit einer vollen Bewegung (bitte nicht geprügelt!) schlagen Sie nun jeweils zehn Bälle mit Ihrem Sandwege und mit Ihrem Pitchingwedge. Beim Einsammeln schreiten Sie die Distanz bis zu Ihren Übungsbällen ab. Notieren Sie sich das Ergebnis.

Wichtig dabei: Zu Beginn wird Ihre Streuung noch hoch sein, deshalb sollten Sie nur die Distanzen der von Ihnen subjektiv gut getroffenen Bälle werten. Wenn Sie noch ein »Junggolfer« sind, werden Sie unter Umständen bei einer Zehnerserie nur zwei Bälle in die Wertung nehmen. Das ist völlig in Ordnung.

Jetzt haben Sie also die Werte für ein voll geschlagenes Sandwedge und Pitchingwedge. Um die Werte zu festigen, sollten Sie die vollen Schläge bei einer der nächsten Trainingseinheiten wiederholen.

Jetzt brauchen Sie noch Zwischendistanzen. Für Ihre Basisdistanzkontrolle empfehle ich Ihnen noch zwei Bewegungen zu erlernen, den 1/3-Pitch und den 2/3-Pitch.

Bei einem vollen Pitch ist der linke Arm im Rückschwung in einer Position wie der Stundenzeiger bei 11 Uhr. Die Schultern sind voll gedreht, und das Gewicht befindet sich größtenteils auf dem rechten Fuß.

Bei einem 2/3-Pitch (siehe Zeichnung 1) ist der linke Arm im Ausholen in einer Position, die etwa 9.30 Uhr entspricht. Die Schultern sind etwa 60 Grad gedreht, und das Gewicht hat sich spürbar auf den rechten Fuß

verlagert. Der Schlägerschaft ist im Verhältnis zum linken Unterarm 70 bis 90 Grad gewinkelt, und der Durchschwung sollte wie auch der volle Schwung gleichmäßig beschleunigt werden und - wichtig - in einem vollen Finish enden.
Achtung: Die meisten Spieler achten so sehr auf ihren verkürzten Armschwung, dass sie im Ausholen vergessen, die Schultern zu drehen. Das führt meist zu ungleichmäßigen Ballkontakten.
Beim 1/3-Pitch (siehe Zeichnung 2) befindet sich der linke Arm etwa in der 8-Uhr-Stellung. Die Schultern sind etwa 30 Grad gedreht, und das Gewicht hat sich nur minimal auf den rechten Fuß verlagert. Der Schlägerschaft steht zum linken Unterarm in einem Winkel von 40 bis 60 Grad, und der Durchschwung sollte wie auch der volle und 2/3-Schwung gleichmäßig beschleunigt werden und in einem vollen Finish enden.
Achtung: Es fühlt sich zu Beginn oft unpassend an, so kurz auszuholen. Viele Spieler beschleunigen aus dieser Position ruckartig und erhalten deshalb oft unterschiedliche Distanzen und schlechte Ballkontakte. Beschleunigen Sie gleichmäßig wie bei Ihren vollen Schlägen. Wenn Sie ein Rhythmusproblem bei den Schlägen haben, schlagen Sie zwischendurch einen vollen Schlag und fühlen Sie Ihre Art, gleichmäßig zu beschleunigen. Übertragen Sie das Gefühl auf Ihren 1/3-Schlag.
So könnte Ihr mögliches Ergebnis aussehen:
Basispitchtechnik Voller Schwung
11.00 Uhr
Voller Schwung
9.30 Uhr
Voller Schwung
8.00 Uhr
Pitchingwedge 100 Meter 75 Meter 50 Meter
Sandwedge 80 Meter 60 Meter 40 Meter
Überprüfen Sie Ihre eigenen Werte immer wieder. Nach kurzer Zeit bereits werden Sie feststellen, wie Ihre genauen Distanzen sind. Das wird Ihnen im Spiel viel Sicherheit geben - und Sie Schläge gewinnen lassen.

(2) Die fortgeschrittene Pitchtechnik

Um ein guter Pitcher zu werden, sollten Sie mindestens drei Wedges im Bag haben. Fast alle Tourspieler haben
übrigens zwischen drei und vier Wedges im Bag! Ich empfehle Ihnen, neben Ihrem Standard-Pitching- und Sandwedge noch ein Gapwedge einzusetzen. Dieser Schläger soll die meist große Lücke zwischen Sand- und Pitchingwedge schließen. Das Pitchingwedge entspricht einem Eisen 10 und das Sandwedge einem Eisen 12 - Ihnen fehlt also ein Eisen 11, das Gapwedge, das bei einigen Herstellern auch Midwedge oder Utilitywedge heißt.

Hilfreich ist, wenn die Loftzahl auf den Schlägern steht. Die Lücken zwischen den Wedges sollten 4 bis 6 Grad betragen. Eine mögliche Kombination wäre beispielsweise 48-54-60 oder - wie ich es spiele - 50-54-58. Die für Sie richtige Wedge-Kombination richtet sich nach der Loftzahl Ihres aktuellen Pitchingwedges und danach, wie groß Sie die Distanzlücken gerne hätten.

Mit nur einem Extrawedge könnten die Distanzen mit drei Schlagvariationen schon wie folgt aussehen:
Pitchen mit 3 Wedges Voller Schwung
11.00 Uhr
Voller Schwung
9.30 Uhr
Voller Schwung
8.00 Uhr
50-Grad-Wedges 100 75 50
55-Grad-Wedges 85 60 40
60-Grad-Wedges 70 45 20
Wenn Sie im Pitchen die Qualität eines Single-Handicappers erreichen möchten, müssen Sie zu Ihrer Basistechnik nur noch kleine Schlagvariationen erlernen. Wichtig ist es, die Lücken, die Sie sicher anspielen können, klein zu halten.

Momentan haben wir in unserem Beispiel (s. Tabelle oben) noch Lücken von bis zu 15 Metern - zu groß, um ein hervorragender Pitcher zu sein. Ihre Lücken sollten maximal fünf Meter groß sein.

Um einen Ball mit dem gleichen Schwungfünf Meterweiter oder fünf Meter kürzer zu spielen, gibt es viele Variationen.

Die einfachste Variation, um einen Ball länger zu schlagen: Verlagern Sie die Ballposition deutlich näher zum rechten Fuß hin. Das reduziert den Loft des Schlägers. Wenn Sie nun Ihre Basisbewegung machen, wird der Ball weiter fliegen. Wie weit Sie den Ball zum rechten Fuß verschieben, müssen Sie ausprobieren. Es werden aber mindestens zwei Ballbreiten nach rechts sein. Achtung: Auch wenn der Ball zum rechten Fuß liegt, lassen Sie Ihr Gewicht über der Standmitte. Viele Spieler verlagern mit der veränderten Ballposition Ihr Körpergewicht nach rechts. Dadurch wird der Ballflug wieder kürzer und der Ballkontakt schlechter. Außerdem müssen Sie bei dieser Ballposition darauf achten, weiterhin in ein volles Finish zu schwingen.

Die einfachste Variation, um einen Ball kürzer zu schlagen: Öffnen Sie die Schlagfläche ein wenig! Drehen Sie das Schlägerblatt im Uhrzeigersinn auf, ohne die Hände mitzudrehen. Greifen Sie den Schläger in seiner offenen Position. Dadurch erhöht sich der Loft des Schlägers. Führen Sie Ihre Basisbewegung aus, und der Ball wird höher fliegen, mehr Spin haben und früher landen. Achtung: Richten Sie sich ganz leicht nach links aus, da der Ball aufgrund des offenen Schlägerblattes etwas rechts starten wird.
Durch diese einfach klingenden Änderungen, drei Wedges und drei Aushollängen erhalten Sie nun folgende Standarddistanzen:
Pitchen mit 3 Wedges Voller Schwung
11.00 Uhr
Voller Schwung
9.30 Uhr
Voller Schwung
8.00 Uhr
50-Grad-Wedges 90-100-105 70-75-80 45-50-55
55-Grad-Wedges 80-85-90 55-60-65 35-40-45
60-Grad-Wedges 65-70-75 40-45-50 15-20-25
So haben Sie schnell eine große Sicherheit und Präzision aufgebaut, um alle Fahnenpositionen zwischen 15 und 105 Metern sicher anspielen zu können.

In der Theorie klingt das natürlich einfach, in der Praxis verlangt es von Ihnen diszipliniertes Training. Markieren Sie in Ihrem Übungsbereich Entfernungen in einem FünfMeter-Abstand.

Legen Sie dann zum Beispiel Ballkörbe als Entfernungsmarkierungen auf den Boden, und schreiten Sie die Distanzen ab. Fokussieren Sie sich dabei auf die Bewegungsgröße, die Sie machen möchten, und beobachten Sie genau, wo Ihr Ball landet.

Ich hoffe, Ihnen einige Anregungen zur Verbesserung Ihres kurzen Spiels gegeben zu haben. Trainieren Sie Ihre Pitches, Sie werden sehen: Das zahlt sich aus.
Ich hoffe, ich kann Ihr Spiel mit meinen Ideen bereichern und Ihnen helfen, Ying und Yang erfolgreich zu verbinden. Über Ihre Erfahrungen können Sie auch gern berichten und einen persönlichen Kommentar abgeben. Darüber würde ich mich sehr freuen. Wenn Sie fragen zu Themen haben schicken Sie mir bitte eine E-Mail.

Kommentare:

Lieber Mark,

das ist eine wirklich ausgezeichnete und sehr informative Seite.
Bei dem Artikel oben hat mir die Tabelle über die prozentuale Verteilung der Schlagarten bei den unterschiedlichen Scores gut gefallen. Soetwas findet man zu selten.
Sehr gut ist auch der Tip, darauf zu achten, nicht 40% Putten zu üben, weil eben 9 Putts unter 50 Zentimetern gemacht werden -logisch, aber oft unbeachtet!

Alles Gute weiterhin,

Marc Freukes
Kommentar von Marc Freukes | 09.01.2009

Lieber Marc,

die von Dir vorgeschlagenen Weiten halte ich für zu hoch gegriffen. Die meisten Männer, die ich auf dem Golfplatz treffe, erreichen sie kaum (jedenfalls nicht mit den Wedges), Frauen bestimmt nicht. Oder ist das als Zielvorstellung nach fünf Jahren Golfen gedacht?
Ansonsten find ich Deine Vorschläge sehr gut und umsetzbar.

Kommentar von Gerhard Sandner | 17.06.2013

Lieber Marc,
Super sind die Empfehlungen für das Training und zum Ausschließen der Entfernungslücken beim Pitchen. Die Tabelle was die Prozente der Schläge ist sehr aufschlussreich. Man kann erkennen, dass aber auch gute Pitches und Chips die Anzahl der Puts beeinflussen, und das die Drives und Abschläge mit den Hölzern zu trainieren sind.

Gruss Sally

Kommentar von Sally | 12.03.2014

Hallo Mark,
bin absoluter Neueinsteiger. Habe lange nach solchen Informationen gesucht. Tolle Seite. Hatte das Glück von einem Kollegen mir ein gebrauten Entfernungsmesser zu besorgen. Erleichter vieles beim Training.
Danke für die tolle Seite.
Grüsse Manfred

Kommentar von Klaas | 10.04.2014

Moin Herr Mattheis, Ihre Distanzkontrolle beim Pitchen hielt ich immer für top. Nun komme ich gerade vom Dixie und South Beach Amateur zurück und höre von Spielern, daß es präziser ist immer die gleiche Ausholbewegung zu machen und über drei Schwungspeeds die Länge zu kontrollieren. Würden Sie dazu Ihre kritische Meinung äußern?
Viele Grüße Vokke

Kommentar von Vokke | 09.01.2016

Im Prinzip ein guter Beitrag, nur leider missverständlich. Es wird zunächst gestartet mit SW und PW. Dann wird ein GW eingeführt und plötzlich sind die lofts 50/55/60. Das passt nicht.

Kommentar von Sven | 24.07.2016